Return to Article Details The Last Thing to Analyze: Royalty in Media, Literature and Pop Culture between Brexit and Megxit
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Der Sache letzter Dinge: Königliches in Medien, Literatur und Popkultur zwischen Brexit und Megxit

 

A Review by Catherine Ludwig-Ockenfels (catherine.ludwig-ockenfels@gcsc.uni-giessen.de)

International Graduate Centre for the Study of Culture (Giessen)

 

Jordan, Christina and Imke Polland (eds.). Realms of Royalty. New Directions in Researching Contemporary European Monarchies. Bielefeld: transcript Verlag, 2020. 270 pages, 40,00 EUR. ISBN: 978-3-8376-4583-5.

 

Abstract

Der auf eine Tagung im Frühjahr 2017 am GCSC (International Graduate Centre for the Study of Culture) der Justus-Liebig-Universität Gießen zurückgehende Sammelband beleuchtet interdisziplinär die facettenreichen Repräsentationsmöglichkeiten der Monarchie in der Moderne seit dem frühen 19. Jahrhundert und die dies reflektierenden literarischen Betrachtungen. Der Fokus liegt inhaltlich auf den europäischen Monarchien mit Beiträgen vorrangig zum britischen Königshaus.

 

Review

In ihrer Einleitung weisen die Herausgeberinnen auf das Forschungsdesiderat zu europäischen Monarchien in der Moderne hin. Einerseits gäbe es namhafte Veröffentlichungen zum Kulturphänomen 'Royals' seit 2010, allerdings werden die aktuell existierenden europäischen Monarchien von der Forschung ausgeblendet. Dies steht im starken Widerspruch zur Präsenz der Herrschaftshäuser in digitalen und Printmedien sowie der Presse, wie auch der Rezeption des kulturhistorischen Phänomens ‚Moderne Monarchie’ in Theaterstücken und TV-Serien-Formaten (S. 10-11). Der Titel „Realms of Royalty“ reflektiert mit dem Terminus ‚Realms‘ anstelle von ‚Territories‘ den im Wandel begriffenen Macht- und Einflussbereich moderner Monarchien: Grenzen eines Territoriums bilden in der modernen globalisierten Welt zwar noch die Grundlage dynastischer Herrschaft, der Wirkungsbereich hat sich jedoch in verschiedene mediale Bereiche verlagert. Moderne europäische Monarchien sind keine Landesherren im frühneuzeitlichen Sinne mehr, sondern funktionieren als Botschafter einer traditionsreichen Vergangenheit durch Medien auf internationalem Parket.


Zur Untersuchung eben dieser „Realms“ ist der Sammelband in drei Großkapitel zu den Themen „Royal Public Interactions and Trans/National Relations 19th-21st Century“, „Monarchy on Page, Stage, and Screen“ und „Royal Representations in Contemporary Popular Cultural Contexts“ aufgeteilt und wird von einer „Introduction“ und einem gesondert nachgestellten „Afterword“ zur „British Monarchy and Brexit“ gerahmt. Besonders das Nachwort von der Herausgeberin Imke Polland führt die in ihrer Aktualität zwingende Notwendigkeit wissenschaftlicher Beschäftigung mit den Royals als identitätsstiftende Akteure in europäischen demokratischen Staatssystemen vor Augen.


Im ersten Großkapitel liegt der Fokus der Beiträge auf Kommunikationsstrategien und Vergegenwärtigungsmethoden der modernen Monarchien. Pauline Maclaran und Cele C. Otnes stellen die Windsors mit ihrer marktwirtschaftlichen Strategie in den Mittelpunkt ihrer Überlegung und erläutern die mögliche Bereicherung deren Marktwertes durch Meghan Markle. (Im Laufe der Entwicklungen seit der letzten Überarbeitung des Manuskripts konnten einige ihrer Aussagen auch am Beispiel des Megxits untermauert werden, weiteres s.u.). Deidre Gilfedder zeigt anhand der Radioansprachen der britischen Könige über die BBC den veränderten Einflussbereich des Monarchen im weltweit agierenden Empire durch kommunikative Massenmedien auf. Robert Aldrich und Cindy McCreery wollen die Interaktion des Herrschenden und den Untertanen im British Empire mittels der Vergabe von Medaillen aufzeigen, der Nachsatz zum bedeutenden Nachleben der Orden als Sammlerobjekte wird nach Auffassung der Verfasserin aber fbrexit

zu wenig kritisch reflektiert. Der Beitrag zeichnet sich jedoch durch weitere aufgeführte Beispiele von Orden innerhalb und außerhalb Europas aus. Das erste Panel wird vom Beitrag von Torsten Riotte beschlossen, der sich dem Überleben von exilierten Monarchen im postnapoleonischen Europa bis zum Ende des Ersten Weltkriegs durch eigene finanzielle Absicherung bei gleichzeitigem Erhalt herrschaftlicher Privilegien widmet.


Im zweiten Großkapitel zur Monarchie im Theater und als Film setzt sich zunächst Susanne Scholz mit der Rezeption Elisabeths I. im Film seit den 1970er Jahren auseinander. Sie zeigt anhand von Tanzszenen wie sehr die moderne, sexuell konnotierte Lesbarkeit im Film diese höfische Praxis der Frühen Neuzeit verzerrt. Den Fokus auf die britischen Royals bricht Stefan Trajković Filipović mit seinem Beitrag über die mediale Rezeption in Literatur, Fernsehen und Theater des „falschen Tsars“ Šćepan Mali (1767-1773) und zeigt, dass auch nur der Anspruch auf Herrschaft mächtig genug ist, um kulturelle Niederschläge zu verursachen. Marie-Therese Stickel verweist auf die Diskrepanz zwischen der Rolle von Prinz Charles als in die Jahre gekommener Kronprätendent und der Interpretation seiner zukünftigen Herrschaft, und fragt nach der Dependenz zwischen literarischer Verarbeitung und den Aussagen des Prinzen. Das Kapitel wird von Eva Kirbachs Beitrag abgeschlossen, in dem sie die Verhaltensweisen der Queen in zwei Theaterstücken von 2013 auf ihre männliche bzw. weibliche Konnotation untersucht. 


Im dritten und letzten Großkapitel zur Popkultur widmet sich zunächst Natalie Veith der Darstellung von Queen Victoria in Comic der 1980er Jahre und zeigt auf wie die Figur der Königin gegen die Romantisierung des Victorianischen Zeitalters in der Thatcher-Ära eingesetzt wird. Mit der Rolle weiblicher Herrschaft in der britischen Scie-Fi-Kultserie Dr. Who setzt sich Marie Menzel auseinander und kann anhand der Episoden mit Elisabeth I. & II. sowie Queen Victoria die Gewichtung einer weiblichen Monarchie im kulturellen Bewusstsein Großbritanniens aufzeigen. Christina Jordan führt anhand der medialen Festlichkeiten anlässlich von Thronjubileen der amtierenden Queen vor, wie sich das Selbstimage der Windsors von einer souveränen Distanznahme zu einer dem Bürger als Gastgeber öffnenden Herrscherfamilie wandelte.


Imke Polland thematisiert im „Afterword“ schließlich die Rolle der Monarchie im Brexit, und kann verdeutlichen, wie sehr ihre unabhängige Position über dem politischen Geschehen ihres Landes und der Versuch der britischen Öffentlichkeit, Aussagen des Palastes zur Politik zu sehen, den Wunsch des Volkes nach Stabilität offenbart. Der von Polland letzte Bearbeitungsstand mit November 2019 benannt (S. 253), zeigt ein weiteres Potential dieser Veröffentlichung: Alle redaktionelle Arbeit fand vor dem sogenannten „Megxit“, dem bewussten Ausscheiden des zweitgeborenen Prinzen Harry und seiner Ehefrau Meghan Markle aus der royalen Familie, statt. Was zunächst für das Ziel des Sammelbandes bedauerlich wirkt, da dieses Ereignis mit seinen Konsequenzen für die Royals als mediale Botschafter nicht mehr hat eingearbeitet werden können, ist eine Chance: Die Veröffentlichung ist ein Einblick in das interdisziplinäre Forschungsfeld um das Bild und Image der Royals mit weltoffener Modernität (bereits geschiedene Amerikanerin mit afroamerikanischen Wurzeln heiratet in die popkulturell bekannteste Monarchie ein) bevor sich die progressiven jungen Royals von den alten Traditionen des Königshauses verabschiedeten. Das Königshaus hat scheinbar nicht modernisiert werden können, sondern den unkonventionellen, modernen Mitgliedern blieb letzten Endes nur der Austritt aus diesem System. Dieser Umstand führt die Wechselhaftigkeit und immer wieder notwendige Thematisierung der modernen Monarchien und deren Zusammenarbeit mit den Medien vor Augen und bestärkt das in der Einleitung formulierte Forschungsdesiderat.


Bedauerlich ist die Fokussierung auf rein europäische Dynastien. Zudem ist der Anspruch sich modernen Monarchien in Europa zu widmen hochgesteckt, wenn eine deutliche thematische Fokussierung auf den Windsors vorliegt. Nur ein Artikel und in den Beiträgen der Verfasserinnen selbst wird auf die anderen Herrschaftshäuser hingewiesen, erfreulicherweise aber auch auf den Vatikan als Wahlmonarchie (S. 15). Nichtsdestotrotz handelt es sich um ein Werk, dass mit internationalen und interdisziplinär aufgestellten Wissenschaftler_innen aller Qualifikationsränge die berechtigte Frage nach der Monarchieforschung im zeithistorischen Kontext aufwirft und zwingend notwendige Pionierarbeit leistet. Es wird wahrscheinlich als Vorbild für weitere Veröffentlichungen dieser Art auch zu anderen Monarchien innerhalb Europas und im außereuropäischen Kontext dienen.

 

English Abstract

The Last Thing to Analyze: Royalty in Media, Literature and Pop Culture between Brexit and Megxit

Based on a conference in spring 2017 at the GCSC (International Graduate Centre for the Study of Culture), Justus-Liebig-University Giessen, Germany, the anthology focusses from an interdisciplinary approach on the manifold ways of representation of modern monarchies since the earliest 19th century and the output of literary adaptions and other medial ways of reception. The research focus lies on the European Monarchies, especially the British Monarchy. 

 

 

Copyright 2020, CATHERINE LUDWIG-OCKENFELS. Licensed to the public under Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0).