KULT_online
71 (May 2025)
Editorial
Liebe Leser_innen,
ich freue mich sehr, die 71. Ausgabe von KULT_online
vorstellen zu können, in
der Sie eine besonders facettenreiche Auswahl an Rezensionen zu einem
breitem Spektrum an kulturwissenschaftlichen Themen vorfinden.
Ein Schwerpunkt dieser Ausgabe liegt auf politischen und gesellschaftlichen Diskursen. Den Auftakt bildet Ahlem Saidanis Rezension zu einer Studie über muslimische Narrative über Juden in Norwegen – von frühen historischen Begegnungen bis zu aktuellen Wahrnehmungen. Auch Isabella David widmet sich gesellschaftlichen Machtverhältnissen und rezensiert einen Sammelband, der die globale Dynamik geschlechtsspezifischer Gewalt beleuchtet und die Darstellung dieser Gewalt in den Medien kritisch hinterfragt. Lucía Mesa Vélez richtet in ihrer Rezension den Blick auf eine Publikation zu digitalen Machtstrukturen in der humanitären Hilfe, die zeigt, wie technologische Systeme nicht nur bestehende Ungleichheiten reproduzieren, sondern auch neue Formen der Kontrolle etablieren können. Ebenfalls im gesellschaftspolitischen Feld verortet ist Henning Tauches Rezension zu konservativen Krisennarrativen in rechten Diskursräumen und deren zunehmender diskursiver Macht. Den Abschluss dieses Themenfelds bildet Nora Themls Rezension zu einem Glossar migrationsbezogener Begriffe, die als sprachlich umkämpfte Terrains sichtbar gemacht werden, und so aufzeigt, wie gesellschaftliche Aushandlungsprozesse in Sprache und Bedeutungsverschiebungen eingeschrieben werden.
Zwei weitere Rezensionen widmen sich institutionellen Rahmenbedingungen
kultureller Praxis. Emilio
Aguas Rodríguez untersucht in seiner Rezension indigene
Archivpraktiken im Kontext kolonialer Geschichte und die politische
Dimension von Archiven als Handlungsmacht. Eine andere Perspektive auf
bestehende Strukturen bietet Miguel
Ángel Castro Caballero, der die kritische Reflexion
neoliberaler Arbeitsrealitäten in seiner Rezension in den Mittelpunkt
stellt. Ergänzt wird dieser Themenbereich durch einen Tagungsbericht
von Sara Lüttich und
Katharina Hacker, der zentrale Herausforderungen
postkolonialer Landverteilung und -nutzung in Ländern des südlichen Afrika
beleuchtet. Deutlich wird darin, wie eng Fragen von Landrechten,
Ernährungssicherheit und Wissenssystemen mit sozialen, kulturellen und
politischen Machtverhältnissen verflochten sind.
Im Bereich der Erinnerungskulturen und kollektiven Identitäten bewegt sich Şahin Yaldız Rezension eines Sammelbandes, der das Zusammenspiel von Nostalgie, Erinnerung und Identitätskonstruktion in verschiedenen kulturellen Kontexten untersucht.
Den thematischen Abschluss dieser Ausgabe bilden drei Rezensionen, die sich mit theoretischen, kulturgeschichtlichen und narrativen Schwerpunkten beschäftigen. Silas Edwards rezensiert eine ungewöhnliche Geschichte der naturkundlichen Forschung, in der Tiere nicht nur als Objekte der Beobachtung, sondern auch als Akteure der Aufklärung sichtbar werden. Saskia Ketz beschreibt in ihrem Bericht zur Sonderausstellung des Niederrheinischen Freilichtmuseums die Veränderungen der Bestattungskultur in den letzten Jahrhunderten und deren museale Repräsentation. Caesy Stuck verfolgt in ihrer Rezension einen eher theoretischen Ansatz und zeigt neue Perspektiven auf, wie Objekte als zentrale Elemente der Erzählung betrachtet werden können. Matthew Childs setzt sich in seiner Rezension mit Überlegungen zur Denk- und Vorstellbarkeit von Katastrophenszenarien auseinander und beleuchtet die kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnungssystemen. Abgerundet wird das Themenfeld durch eine Rezension von Edward Djordjevic zu der politischen und gesellschaftlichen Bedeutung von Fiktion in Zeiten von Desinformation und Fake News.
Nach diesem kurzen Überblick über die Beiträge der aktuellen Ausgabe von KULT_online, wünsche ich Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Mit herzlichen Grüßen
Isabella
Kalte