KULT_online
70 (November 2024)
Editorial
Liebe
Leser_innen,
es ist wieder so weit, ich freue mich sehr, Ihnen die 70. Ausgabe von
KULT_online präsentieren zu können. In dieser Ausgabe erwarten Sie
spannende Rezensionen zu einer Vielzahl von Themen.
Eine Reihe von Rezensionen ist dem Bereich der politikwissenschaftlichen
Forschung gewidmet. Den Auftakt bildet eine Rezension von Erzhena Dugarova zu
einer Publikation über indigene Souveränität in Sibirien, die sich auf die
Souveränitätsbestrebungen in den Republiken Sacha, Burjatien und Tjewa
konzentriert. Auch wenn kollektiver Aktivismus in der heutigen Welt schwer
zu mobilisieren ist, bleiben die komplexen Verbindungen zwischen
Erinnerung und politischem Engagement von anhaltender Relevanz. Dem
geschichtspolitischen Diskurs ist auch der Beitrag von Matthew Childs
zuzuordnen. In seiner Rezension setzt er sich mit Bryan Turners Versuch
auseinander, eine umfassende Theorie der Katastrophe zu entwickeln. Im
thematischen Zusammenhang steht die Rezension von Justus Grebe zum
Sonderheft über Chronopolitik, das das Verhältnis von Politik und Zeit
beleuchtet. Die Rezension bietet interessante Einblicke in die
vielfältigen Ansätze und Konzepte des Heftes und zeigt die Möglichkeiten
auf, die sich aus der Erforschung von Chronopolitik ergeben.
In zwei weiteren Rezensionen wird das Thema Kunst und Kultur erörtert. Die
erste, von Mortada
Haidar verfasste, Rezension widmet sich der Rolle von Street Art und
Graffiti im Beirut der Nachkriegszeit. Dabei wird aufgezeigt, wie diese
Kunstformen als Mittel des Protests und des öffentlichen Dialogs in der
urbanen Landschaft fungieren. Die zweite Rezension von Navid Nail bespricht
Gregor Stemmrichs Studie zu Robert Rauschenbergs Kunstwerk Erased de
Kooning Drawing. Nail bewertet die Studie als einen unverzichtbaren
Beitrag zur Rauschenberg-Forschung. Dies begründet er damit, dass
Stemmrich sowohl tradierte Lesarten des Kunstwerks hinterfragt als auch
die Bedeutung des Werkes im 20. Jahrhundert neu beleuchtet. Beide Beiträge
verdeutlichen, dass Kunst nicht nur ästhetische und kulturelle, sondern
auch soziale und politische Funktionen erfüllen kann.
Der thematische Abschluss bildet der Bericht über eine
internationale Konferenz in Gießen, welche vom 14. bis 16. Mai 2024
stattfand und ein breites Themenspektrum rund um Identitätskonzepte
abdeckte. Die Konferenz befasste sich unter dem Titel „Disrupted
Identities in the Light of ‚Post-Everything‘“ mit den Auswirkungen
einschneidender Ereignisse wie Kriege, erzwungene Migration oder
politische Umbrüche auf die Herausbildung, Veränderung und Auflösung von
Identitäten.
Nach dieser kurzen Darstellung der einzelnen Beiträge der aktuellen
Ausgabe von KULT_online wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre!
Mit herzlichen Grüßen
Isabella Kalte